27.07.2023

"Händler der Geheimnisse" ist ein Roman von Elisabeth Bronfen

Neu bei Limmat: Raubkunst im Zweiten Weltkrieg, ein jüdisch-amerikanischer Spion und ein mysteriöser Todesfall

Pressekontakt: Ruth Eising | +49.(0)228.25987582 | +49.(0)160.1564308 | r.eising@re-book.de

Warum kehrte der jüdisch-amerikanische Veteran George Bromfield nach dem Krieg nach Bayern zurück? Und was war das für eine Freundschaft mit dem Porträtmaler und Nazikollaborateur Konstantin Hummler? Ein Roman über die Kultur der Geheimnisse nach 1945 in Deutschland und ein Familiendrama.

Fünfzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs stirbt der ­jüdisch-amerikanische Veteran George Bromfield auf verdächtige Weise in einem Krankenhaus in New York. Kann es sein, dass seine zweite Ehefrau seinen Tod ­beschleunigt hat? Beim Versuch, die mysteriösen Todesumstände aufzudecken, graben seine Tochter Eva und ihr Bruder Max immer tiefer in der geheimnisum­wo­be­nen Vergangenheit ihres Vaters. In München und New York gehen die Geschwister auf Spurensuche, um herauszufinden, warum ihr Vater nach Kriegsende nach Bayern zurückgekehrt ist und wie das mit seiner Freundschaft mit einem Porträtmaler und Nazikolla­borateur zusammenhängt.

Gekonnt verbindet ­Elisabeth Bronfen eine Spionagegeschichte mit einem Familiendrama und stellt dabei das Nachwirken einer Kultur der Geheimhaltung dar, wie sie für die Nachkriegszeit ab 1945 prägend war.

Mithu Sanyal sagt über dieses Buch: "Jedes Buch von Elisabeth Bronfen ist ein Ereignis für mich und eröffnet mir Einblicke in neue Welten. Umso mehr freue ich mich, dass sie endlich einen Roman geschrieben hat. Und was für einen! Elisabeth Bronfen spürt einer Kultur der Geheimhaltung nach und verwebt dabei eine berührende Familiengeschichte mit einem packenden Krimi."

Elisabeth Bronfen, geboren 1958 in München, lebt in ­Zürich. Sie ist als Kultur­wissenschaftlerin an der Uni­versität Zürich und an der New York University tätig und arbeitet in den Bereichen Literatur, ­visuelle Kultur und Gender Studies. Die Autorin hat zahlreiche Publikationen verfasst, u.a. zu weiblichen Todesdarstellungen, zur Kulturgeschichte der Nacht, zu Krieg im Hollywood-Kino, zur Serialität in Shakespeares Dramen, sowie ein Kochbuch.

Elisabeth Bronfen
Händler der Geheimnisse
Roman
320 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
erscheint am 18. Oktober 2023
978-3-03926-061-4

Textprobe:
Als Eva aus dem Fahrstuhl tritt, steht Inge schon wartend an der Türe und bittet sie mit feierlicher Geste einzutreten. Eva überfällt die gewohnte Beklemmung. Überall stehen Dinge, die sie aus ihrer Kindheit kennt. Im Hintergrund erklingen Stimmen aus dem Fernseher. Seit ihre Mutter allein lebt, lässt sie diesen fast immer laufen. Eva nimmt ihre Mutter in die Arme und drückt sie fest an sich. Dann geht sie ins Wohnzimmer und lässt den Rucksack auf einen der Sessel fallen. Dabei fällt ihr Blick auf das von Konstantin Hummler gemalte Familienporträt, das prominent über dem Sofa hängt. Sie muss an ihre Sternenguckerei am Schliersee denken. Es stimmt, sagt sie sich. Das Gemälde löst bei ihr dasselbe Gefühl aus wie als Kind: Noch immer sieht ihr Vater auf dem Bild aus, als gehöre er zu einer anderen Welt.
Inge, die zu ihr getreten ist, schaltet den Fernseher aus. "Seit Tagen schaue ich mir Berichte über die letzten Tage des Krieges und die Monate danach an. Ich erfahre Dinge, von denen ich damals gar nichts wusste."

"Oder die du nicht wahrnehmen wolltest", denkt Eva, sagt aber nichts.

"George und ich haben diese Zeit ganz anders erlebt."

Auf dem Tisch vor dem Sofa sieht Eva neben dem Porzellanteller mit den von Inge geliebten Petits Fours mehrere Fotoalben liegen. Daneben eine Zigarrenschachtel mit losen Fotografien. Neugierig nimmt Eva einen Stapel in die Hand. Ihre Patentante Eusebia erkennt sie sofort. Sie schaut besonders keck in die Kamera, modisch gekleidet mit einem weiẞen Turban auf dem Kopf, hohen Plateauschuhen, die Nägel sind perfekt lackiert. Aber auch die anderen abgelichteten Personen sind erstaunlich elegant gekleidet. Auf einem der Fotos ist ihr Vater mit Jackett, Weste, weiẞem Hemd und Krawatte zu sehen. So hatte sich Eva die Monate nach Kriegsende nicht vorgestellt. Hier sind keine Trümmer zu sehen wie auf den Fotografien in Sams Ausstellung. Keine Flüchtlinge, keine Kriegsgefangenen, keine Trümmerfrauen. Stattdessen neben ihrem Vater Männer in Uniform oder Trenchcoat. Es sind für Eva völlig unbekannte Gesichter.

Inge, die mit einem Silbertablett aus der Küche gekommen ist, stellt die Kaffeekanne ab, daneben die Sahne in einem kleinen Porzellankännchen, passend zur Zuckerdose.

"Du siehst, ich habe mich vorbereitet», erklärt sie selbstbewusst, während sie mit einer delikaten silbernen Zange die kleinen glasierten Gebäckstücke auf die beiden Kuchenteller verteilt. «Nach Lenas Anruf habe ich die alten Fotos wieder hervorgesucht. Da ist mir eines aufgefallen, dass ich dir zeigen wollte."

Sie nimmt das rote Fotoalbum, das ganz oben auf dem Stapel liegt. Eva beugt sich zu ihr und bemerkt links unten auf dem Einband die Unterschrift ihres Vaters in weiẞer Tinte. Ein Tagebuch in Bildern, dem er sogar einen Titel gegeben hat: "June '45 to January '46. Chief Special Investigation Section. Office of Military Gov’t for Bavaria."