03.04.2024

Neu im Limmat Verlag: Vincent O. Carter, Amerigo Jones

Übersetzt von pociao und Roberto de Hollanda, erscheint der Roman am 24. Mai 2024

Pressekontakt: Ruth Eising | +49.(0)228.25987582 | +49.(0)160.1564308 | r.eising@re-book.de

Der epische Roman von Vincent O. Carter über seine Kindheit im Kansas City der Zwanziger- und Dreißigerjahre voller Musik und Lebensfreude trotz Rassentrennung und Gewalt. "Ein durch und durch literarisches Werk mit Anklängen an Faulkner, Twain und Joyce." (Entertainment Weekly)

Amerigo Jones liebt seine Eltern Rutherford und Viola, die selbst noch Teenager sind, als er zur Welt kommt, und er ist ein grosser Träumer. Doch viele seiner Träume werden ein Leben lang unerfüllt bleiben, nicht wegen seiner Person, sondern wegen seiner Hautfarbe.

Amerigo Jones ist die Geschichte einer Kindheit und Jugend im Kansas City der 1920er- und 1930er-Jahre, das einerseits als Zentrum des Jazz von einer lebendigen Musikszene, andererseits von Rassentrennung geprägt war. Im Mittelpunkt stehen Amerigos Schilderungen der urbanen Welt, in der er selbst seinen Weg finden muss.

Vincent O. Carter hat einen unvergesslichen und musikalischen Roman geschrieben über die Geschichte Schwarzer Menschen in Amerika, über den Kampf für Gleichberechtigung und über ein starkes Gefühl von Familie und Gemeinschaft.


Vincent O. Carter
Amerigo Jones
Roman

Übersetzt von pociao und Roberto De Hollanda

gebunden mit Schutzumschlag, ca. 752 Seiten,
Titel der Originalausgabe: Such Sweet Thunder, Steerforth Press, New Hampshire 2003
ersch. Mai 2024

zur Zeit nicht lieferbar
978-3-03926-073-7


Vincent O. Carter (1924–1983) wuchs in bescheidenen Verhältnissen im schwarzen Ghetto von Kansas City, Missouri, als Sohn sehr junger Eltern auf. 1944 wurde er in die US-Armee eingezogen und war in Frankreich stationiert. Zurück in den USA, studierte er mit Unterbrüchen, in denen er als Koch bei der Union Pacific Railroad und in Detroit in einer Automobilfabrik arbeitete, an der Lincoln University (Pennsylvania) und an der Wayne University (Michigan). Nach dem Studium kehrte er nach Europa zurück und hielt sich für längere Zeit in Paris, München und Amsterdam auf, bevor er sich Anfang der Fünfzigerjahre in Bern niederließ, dort Radiosendungen schrieb und moderierte, Englisch unterrichtete, malte und meditierte.

In seiner ersten Zeit in Bern litt er unter dem ausgrenzenden Misstrauen, das ihm vielerorts entgegenschlug. Er beobachtete und schrieb seine Überlegungen und Empfindungen auf, voller Erstaunen, manchmal mit Unverständnis, Irritation, analytisch, melancholisch und dennoch immer auch witzig. 1957 stellte er das Manuskript zu The Bern Book: A Record of the Voyage of the Mind fertig, welches 1970 veröffentlicht wurde (John Day, New York). Der Text ist ein einzigartiges Porträt der Stadt, der damaligen Kulturszene und von Carters Lebensumgebung. Vor allem aber beschäftigt er sich mit dem Umstand, dass Carter als "the first and only Negro in Town", wie er sich nannte, angestarrt worden sei, als hätte hier niemand je einen Schwarzen gesehen.

"Kaum je eine Woche vergeht, ohne dass ich, wenn ich im Mövenpick oder im Casino bei einem Glas Wein sitze, angesprochen werde und gleich mit einer Menge von Fragen konfrontiert werde. Mit den meisten davon kann ich leicht umgehen. Er fragt: 'Ist Ihnen nicht kalt, wenn es Winter ist?' und 'Sind Sie glücklich, jetzt wo die Sonne scheint?' Im ersten Fall sage ich 'Ja' und im zweiten, der unglücklicherweise selten passiert 'Ja, tatsächlich'. Sie fragt: 'Wie lange sind Sie schon in der Schweiz?', und ich antworte 'Ungefähr dreieinhalb Jahre'. – 'So lange!', staunt sie. 'How do you like it?', werde ich in ängstlichem Ton weiter gefragt, auf der Lauer, sich und die Schweiz schon mal zu entschuldigen. Ich warte kurz mit meiner Antwort, um die Spannung zu erhöhen und sage dann: 'Oh ... I like it well enough.'" Das "Bernbuch" erscheint im Herbst 2021 im Limmat Verlag in deutscher Übersetzung.

Seine posthum erschienene Erzählung Such Sweet Thunder (erstmals 2003, Steerforth Press, Lebanon New Hampshire), dessen Manuskript Carter bereits 1963 fertiggestellt hatte, schildert eine Kindheit in Kansas City während den 1920er und 1930er-Jahren, einer Ära, die von Rassentrennung und alltäglicher Ungerechtigkeit geprägt war.


Die Übersetzer:

Pociao gründete nach längeren Aufenthalten in London und New York Anfang der 70er Jahre einen Vertrieb für experimentelle Literatur aus der amerikanischen Small Press Szene für den europäischen Raum, begegnete Humphrey Bogart zum ersten Mal im Kino und begriff endlich, was Shakespeare mit dem Satz "Ich bin gewillt, ein Bösewicht zu werden" gemeint hatte. Fortan beschäftigte sie sich am liebsten mit den Filous der Literatur, übersetzte Patti Smith und Paul Bowles, folgte William S. Burroughs nach Tanger, tanzte Walzer mit Zelda Fitzgerald, trank Champagner mit Tom Robbins und gewann 2017 den DeLillo-Übersetzungswettbewerb des Deutschen Übersetzerfonds und der FAZ.

Roberto de Hollanda wuchs in Südamerika und Europa auf, studierte Politikwissenschaften und Soziologie, schreibt Drehbücher, macht Dokumentarfilme und betrieb eine Agentur für Literatur und Film. Er übersetzte u.a. Gonzalo Torrente Ballester, Rodrigo Rey Rosa, Mohamed Mrabet, José Luis Sampedro, Kent Haruf und Almudena Grandes.

Anmerkungen der Übersetzer: 

Amerigos Stimme ist die einer historisch, kulturell und politisch unterlegenen Minderheit, die eine eigene Sicht auf die Realität besitzt, mit einer eigenen Wahrnehmung und einem eigenen Wertesystem, die der vorherrschenden (weißen) Vorstellung von der Welt entgegengestellt wird.

«negro slang»
Es ist bezeichnend, dass die amerikanischen Verlage von ihm verlangten, den «negro slang» zu glätten und den Text nicht in Umgangssprache, sondern in «korrektem Englisch» zu verfassen. Das lehnte Vincent Carter kategorisch ab, weil er sich weigerte, seine kulturellen Wurzeln und somit seine Identität zu verleugnen.

Folglich dauerte es sehr lange – bis nach seinem Tod – ehe ein amerikanischer Verlag sich bereit fand, sein Buch zu verlegen. Umso erfreulicher ist es, dass nun
im Limmat Verlag zu Carters 100. Geburtstag 2024 die deutsche Erstveröffentlichung erscheint.

Seine Kindheit im schwarzen Ghetto von Kansas City beschrieb er später als „schönsten und glücklichsten Teil meines Lebens“.

So betrachtet er auch die Welt seines Romans durch die Augen eines Kindes: direkt, unverschleiert, als Mitglied einer vertrauten Gemeinschaft, die er eins zu eins in Bilder, Worte und Farben überträgt und dem Leser daher sehr sinnliche Eindrücke vermittelt.